“Dann eines Tages kam ein Ritterkreuzträger in unsere Unterkunft und wir mußten alle antreten – so einer mit einem Arm, ein Kriegsversehrter, er war Offizier, mit zwei eisernen Leuten : ‘So sagt er, Kameraden, jetzt meldet ihr euch alle freiwillig zur SS, wir wollen das Hitler zum Geburtstag schenken,’ das muß so ungefähr der 15 April gewesen sein, ein bißchen spät. Dann hat er da einen Tisch aufgebaut, da waren die ganzen Anmeldungsformulare, die sollten wir unterschreiben und ich habe gesagt : ‘Nein, ich mach das nicht’, stellen Sie sich das mal vor, da alle treu und brav, alle unterschrieben und ich habe es nicht gemacht und warum ? Weil ich ein christliches Elternhaus hatte, wenn da bei uns zu Hause SS gesagt wurde, dann gings Schaudern durch die Glieder. Mein Vater war Monarchist, der war konservativ, meine Mutter war sehr christlich, da wäre so etwas unmöglich gewesen. Na, ich habe dann zu dem Mann gesagt – stramme haltung natürlich : ‘Mein Vater ist in der Division Großdeutschland (Baukompanie – das war gar nichts besonderes) der wünscht, daß ich in die Infanterie komme, in die Wehrmacht’. ‘Stell Dich da hin, da bleibst Du stehen,’ und dann hat er die anderen alle einkassiert und ganz zum Schluß hat er dann zu mir gesagt: ‘Wenn Du nun noch willst, dann können wir das noch machen’, ich sagte nein und dann war ich gerettet. Nun stellen Sie sich einmal vor, ich als Schriftsteller müßte in jedem Buch angeben, daß ich mich freiwillig zur SS gemeldet hätte. Kein Mensch hätte doch nachgerechnet, daß ich damals erst 15 war; aber ich habe es nicht getan, das ist doch eine heroische Sache.”
— Walter Kempowski
http://www.wdr.de/tv/wdr-dok/archiv/2005/mke_10.phtml
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